Mit ‘Schweiz’ getaggte Artikel

Tag 2: Rauf, runter, rauf, runter, …

Donnerstag, 16. September 2010

Ding, dong, ding, dong… zwei Uhr morgens… ding, dong, ding, dong… Viertel nach zwei… ding, dong, ding, dong… drei Uhr morgens… vorbeifahrender Zug… fünf Uhr morgens…
So ging’s die ganze Nacht dahin. Zwischendurch konnten wir zwar auch mal schlafen, aber wir sind beide immer wieder aufgewacht, weil uns entweder die Kirchenglocke oder ein vorbeifahrender Zug geweckt hatte. Am nächsten Morgen waren wir daher noch etwas müde, genossen dann aber das leckere Frühstück und packten unsere Sachen, um uns auf den Weg aus der Schweiz zu machen. Ziel für diesen Tag war: Die Grenze überqueren!

So verabschiedeten wir uns vom schönen Zuoz und radelten los. Die ersten Steigungen erreichten wir ein paar Kilometer später bei S-chanf, wo wir in schöner Landschaft raufstrampelten und die Ruhe genossen. Es war zwar noch ziemlich kalt, so dass uns die Finger halb einfroren, aber das legte sich bald.

Die meiste Zeit waren wir abseits von Straßen oder Dörfern, wenn wir aber mal in eins kamen, fügte sich das malerisch in die Landschaft ein. Der Inn, ein Kirchturm und die Engadiner Bauweise bildeten ein herrlich schönes Bild.

Aber nicht nur die Anblicke waren atemberaubend, auch die Fahrt selber. Im Radführer sind für leichte Steigungen und Gefälle dünne und für starke dicke Pfeile eingezeichnet und in der Schweiz hatten wir um ein Vielfaches mehr davon als in allen anderen Kartenabschnitten zusammen. Das lief bis vor Guarda relativ gut, auch wenn meine Beine stark protestierten, weil ich nur Flachland-radeln gewöhnt war. Zudem stellte ich leider erst zu diesem Zeitpunkt fest, dass weder mein zweiter noch mein erster Gang funktionierten… Als dann in Guarda vier dicke Pfeile, also starke Steigungen, hintereinander kamen, musste ich mitten drin absteigen. Da ging dann gar nichts mehr. Da es sowieso schon Zeit für die Mittagspause war, setzten wir uns ins Gras und genossen die Aussicht und stärkten uns mit Semmeln und Mandelhörnchen.

Nach diesem sehr deutlichen Aufzeigen meiner sportlichen Grenzen, musste ich erst ein wenig verdauen, dass es nicht so einfach ging, wie ich dachte. Gestärkt durch die aufbauenden Worte meines Freundes und das Essen hatte ich dann aber wieder ganz neue Energie und es konnte weitergehen. Die nächsten “dicken Pfeile” bzw. starken Steigungen schaffte ich dann auch ganz gut. Und kurz vor Scuol gab es dann auch ein schönes langes Stück bergab, was richtig Spaß machte, sich da mit dem Wind in den Haaren runterrollen zu lassen.

Der schlimmste Teil war dann geschafft. Es ging zwar trotzdem immer wieder rauf und runter, aber nicht mehr so steil wie zuvor. Und so näherten wir uns immer mehr der Grenze in Martina und genossen bis dahin noch die schöne Schweizer Landschaft.

Angekommen in Martina ging’s auch ohne Probleme über den Zoll und die Grenze, leider auf einer etwas stärker befahrenen Straße. Dafür waren wir aber nach etwa zehn Kilometern so richtig in Österreich angekommen und radelten nach Pfunds.
Dort suchten wir uns ein Quartier für die kommende Nacht und schlenderten dann über die Innbrücke zum Stadtplatz. Nachdem wir einen gemütlichen Italiener gefunden hatten, aßen wir eine wirklich sehr leckere und sehr Knoblauch-haltige Pizza. Glücklich und geschafft ging’s wieder zurück in die Pension und wir fielen müde ins Bett. Aber auch in dieser Nacht bekam ich nur schwer ein Auge zu…

Tag 1: Anreise und ein bisschen Schweiz

Mittwoch, 15. September 2010

Der Wecker läutete uns schon früh aus dem Schlaf, äußerlich noch immer irgendwie schlafend packte ich die Taschen, frühstückte und “sattelte” mein Radl. Langsam wurde ich dann doch wach und spätestens als ein morgendlicher Regenschauer uns kurz vor der Abfahrt überraschte, war ich dann auch ganz da. Premiere für die Regenjacke und ein schnelles radeln zum Bahnhof, wo um 07:44 Uhr der Zug nach Rosenheim losfuhr. Abwechselnd hoben wir Räder und das Gepäck in den Zug und waren ganz froh, dass wir alles sicher verstauen konnten. Die Zugfahrt dauerte eine Stunde und verging recht schnell. Schließlich war das erst der Anfang der langen Reise. In Rosenheim angekommen mussten wir in einen Zug nach Kufstein umsteigen, was sehr gut klappte, da es in Rosenheim Aufzüge gab und wir somit die Radl nicht die Treppe raufschleppen mussten und andererseits war der Einstieg in die Züge auf Bahnsteighöhe. Perfekt :-)! Wieder fuhren wir etwa eine Stunde weiter, um dann in Kufstein ein “Einfach-Raus-Ticket” zu organisieren und ein wenig durch die Stadt zu schlendern und schieben und ein zweites Frühstück einzulegen. Der nächste Zug brachte uns dann nach Innsbruck, wo wir wieder umstiegen in eine wiederum österreichische Regionalbahn nach Landeck. Dort hatten wir noch etwas Zeit und besorgten uns Verpflegung für diesen und den nächsten Tag, da wir zum Einen keine Schweizer Franken hatten und zum Anderen nicht wussten, ob man am Sonntag in der Schweiz irgendwo Verpflegung bekommen konnte. Somit waren die Taschen noch voller als zuvor und nach einem kleinen Mittagessen stiegen wir um in einen Radlbus der LVB-Radreisen, der uns nach Maloja brachte, zum Beginn des Innradweges :-).

Nach drei Stunden Fahrt waren wir da und eine unglaubliche Landschaft umgab uns. Auf über 1700 Meter, die Berge rundherum, viele Seen und viel Natur. Die Schweizer Städtchen oder Dörfer sind recht klein und haben auch gar nicht die Möglichkeit, sich groß auszubreiten. Um so schöner war das für uns und wir konnten losradeln.

Der Inn entspringt auf dem Malojapass und fließt dann durch mehrere Seen und wird langsam vom reißendem Gebirgsbach zum kleinen jungen Fluss.

Überraschend war für mich St. Moritz, was beim Durchfahren viel kleiner wirkte, als ich es mir vorgestellt hatte. Es tauchen ein paar mehr Häuser auf, aber bis auf den ein oder anderen Porsche mehr, fällt das nicht auf. So sind wir recht schnell an St. Moritz vorbeigeradelt und waren dann auch schon bei Celerina, wo wir die Kirche San Gian entdeckten.

Es ging weiter durch die traumhafte Schweiz. Es hat etwas friedliches und unberührtes, wenn man in der hügeligen Gegend unterwegs ist und kaum was von der Zivilisation mitbekommt. Hier lebt der Mensch noch irgendwie im Einklang mit der Natur, was bedingt durch die bergige Landschaft auch gar nicht anders geht. Nach insgesamt 40 Kilometern erreichten wir dann das Quartier für die erste Nacht: Das Convict per giuventüna Zuoz, ein Jugendhaus, das im Vergleich zu den anderen Unterkünften in der Schweiz auch bezahlbar ist. Unsere Reservierung war zwar vergessen worden, so dass wir noch eine halbe Stunde warten mussten, bis wir unser Zimmer hatten, aber ansonsten war es eine sehr schöne Unterkunft. Nachdem wir geduscht hatten und ich feststellen musste, dass ich einerseits das Shampoo vergessen hatte und andererseits nicht föhnen konnte, weil die Steckdosen in der Schweiz nicht zu unseren Steckern passen, fielen wir trotzdem glücklich und zufrieden und mit nassen Haaren 😉 ins Bett und schliefen mit dem Geräusch vorbeifahrender Züge und der alle Viertelstunde wieder läutenden Kirchenglocke ein…